Standard, 26. Oktober, 2020

Schuhe aus im gemeinsamen Haus

Rendering Gewozu

Wohnprojekt mit zwölf Parteien soll nächstes Jahr im Sommer bezogen werden
© Bild: GeWOZU

Baugruppen bauen und planen sich ihre Häuser selbst. Ein Fokus liegt auf der Hausgemeinschaft. Auch auf dem Land gibt es die Alternativen zum Einfamilienhaus. Das Konzept könnte auch für Senioren interessant sein.

Wer bei der Haustür hereinkommt, muss sich die Schuhe in der Gemeinschaftsgarderobe ausziehen: Das in Bau befindliche Baugruppenprojekt GeWoZu in Waidhofen an der Ybbs wird ein schuhfreies Haus. „So fühlt sich das Haus gleich heimeliger an“, erklärt Baugruppenmitglied Barbara Moser die Idee.

Moser baut mit Gleichgesinnten ein Haus, so lässt sich das Konzept Baugruppe zusammenfassen. Solche Zusammenschlüsse mit verschiedenen Ausrichtungen gehören in Wiener Stadtentwicklungsgebieten wie der Seestadt Aspern schon fast zum Inventar. Aber die Sehnsucht nach gemeinschaftlichem Wohnen wächst auch auf dem Land.

Der Baustart für das Projekt von GeWoZu – kurz für „Gemeinschaftlich Wohnen – die Zukunft“ – war im Mai. Zwölf Wohnungen entstehen hier. Ziel sei, Menschen in unterschiedlichen Lebensphasen zum Wohnen zusammenzubringen, erzählt Moser. Daher gibt es Gemeinschaftsflächen wie eine Werkstätte, einen Bewegungsraum, eine Gemeinschaftsküche und einen Garten. Eine Wohnung ist noch frei: Für die 50 Quadratmeter große Einheit werden Paare oder Menschen über 60 gesucht.

Konzept für Senioren

Generell gilt: Wer Mitglied einer Baugruppe werden will, muss einen Aufnahmeprozess durchlaufen. Ob eine Baugruppe funktioniert, hängt letztendlich von den Mitgliedern ab. Wer nur auf der Suche nach einer Wohnung ist, sollte von einer Baugruppe daher lieber die Finger lassen. Die Baugruppe GeWoZu präsentierte sich gemeinsam mit anderen Wohnprojekten vor wenigen Tagen beim Baugemeinschaftsforum der Initiative Bauen & Wohnen, die ihr zehnjähriges Bestehen feierte – und sich durchaus zufrieden mit der Entwicklung in Österreich zeigte. Weniger Vereinsamung, Gemeinschaft, Selbstbestimmtheit und Partizipation sind soziale Benefits des gemeinschaftlichen Wohnens, war man sich bei der Veranstaltung laut Aussendung einig.

Mit dabei war auch der Verein WOAL, was für „Wohnen ohne Alterslimit“ steht. Hier haben sich Menschen der Alterskohorte 60 plus zusammengefunden, um ein Konzept für selbstbestimmtes Wohnen im Alter zu entwickeln – oft aus persönlicher Betroffenheit. „Wir haben uns in Anbetracht des Sterbens unserer Eltern gedacht: Das muss anders gehen“, erzählt Ulrike Kobrna, eine der Gründerinnen. Nun sei das Konzept fertig, ein konkretes Objekt aber noch nicht gefunden. Bei einem Projekt sollte es zudem nicht bleiben. Kobrna stellt klar: „Unser Konzept soll an verschiedenen Orten verwirklicht werden“, dafür könne man sich auch die Zusammenarbeit mit anderen Projekten vorstellen. Die Liste mit Interessentinnen und Interessenten wachse stetig an. WOAL soll kein Altersheim sein, sondern auch gesunde Menschen ansprechen, die sich Gedanken dazu machen, wo und wie sie sterben wollen. Geplant sind Wohncluster aus acht bis zwölf Einheiten, die sich um gemeinschaftliche Flächen anordnen. Um wirtschaftlich zu sein, brauche es eine Projektgröße von 60 bis 100 Wohneinheiten, so Kobrna.

Noch etwas ist ihr wichtig: „Wir sind kein Mehrgenerationenwohnhaus.“ Man richte sich mit dem Konzept an Menschen in ihrer zweiten Lebenshälfte. „Alles andere sollen andere machen.“